Wir haben mit dem langjährigen Finanzierungsexperten Stephan Neuschulten über das spannende und vielseitige Thema Finanzierung im Franchising gesprochen. Heute richten wir unsere Aufmerksamkeit auf die Frage, worauf es bei der erfolgreichen Finanzierung von Franchisepartner:innen und deren Existenzgründung ankommt. Seine umfangreichen Tipps und sein Expertenwissen finden Sie im folgenden Interview.

Stephan Neuschulten steht mit seiner Neuschulten Unternehmensberatung GmbH seit über 20 Jahren für professionelle Finanzierungsberatung für (zukünftige) Franchisepartner:innen und Existenzgründer:innen und legt mit seiner Arbeit einen wichtigen Grundstein für den Erfolg der Partner:innen. Dabei liegen die Schwerpunkte auf den Themen Existenzgründung, Expansion und Nachfolge im Bereich des Franchisings. Weitere Infos zu Stephan Neuschulten finden Sie HIER.

Hinweis: Zur besseren Lesbarkeit wird in diesem Text das generische Maskulinum verwendet. Die verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich alle (sofern nicht anders kenntlich gemacht) auf alle Geschlechter. 

Als Finanzierungsberater haben Sie viele wertvolle Einblicke in die Welt der Existenzgründungen und Unternehmensführung. Was würden Sie angehenden Gründern oder Unternehmern raten, um Fehler bei der Finanzierung zu vermeiden?

Stephan Neuschulten: "Fehler in der Finanzierung treten unter anderem dann auf, wenn man bei den geplanten Investitionen und Betriebsmitteln zu knapp kalkuliert hat und dann eventuell nach einigen Wochen direkt nachfinanzieren muss. Mein Rat wäre, sich vorher Angebote für die geplanten Investitionen einzuholen und auch, sowohl mit dem Franchisegeber oder anderen Franchisenehmern zu sprechen, damit die ihre Erfahrungen weitergeben können, was das Thema Anlaufkosten (Betriebsmittel) betrifft. So könnte man, meiner Meinung nach, besser kalkulieren und dann auch Fehler bei der Finanzierung vermeiden."

Welche Unterlagen sollten Gründer für eine erfolgreiche Finanzierung bereithalten?

Stephan Neuschulten: "Eine solide Vorbereitung ist entscheidend. Banken benötigen in der Regel einen Businessplan inklusive Finanzplan, eine Selbstauskunft mit Nachweisen sowie Bilanzen und BWAs, sofern der- / diejenige bereits unternehmerisch tätig ist. Ein gut durchdachter Finanzplan sollte dabei alle relevanten Kosten berücksichtigen, von Investitionskosten (also alle Anschaffungskosten, u.a. auch für Ladenausstattung und die Franchiselizenz), über Betriebsmittel (laufende Kosten wie z. B. Personalkosten und Miete),  bis hin zu privaten Ausgaben.

Auch Sonstige Kosten (z. B. für Unternehmensberater, Steuerberater, Notar etc.) und der zukünftig Kapitaldienst (Zins und Tilgung) müssen im Finanzplan eingearbeitet sein. Ein spezialisierter Gründungs- oder Finanzierungsberater unterstützt dabei effizient."

Wie können Gründer sicherstellen, dass ihre Finanzierung ausreichend und sicher ist?

Stephan Neuschulten: "Die Höhe der Investitionskosten wird oft unterschätzt. Ein Sicherheitspuffer von bis zu 10 Prozent ist ratsam. Zudem sollten Betriebsmittel für mindestens 9 bis 12 Monate finanziert werden, um die Liquidität zu sichern und Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden."

Welche Rolle spielen Eigenkapital und Sicherheiten bei der Finanzierung?

Stephan Neuschulten: "Eigenkapital und Sicherheiten sind für die Banken sehr wichtig, beim Gründer allerdings oft knapp. Öffentliche Fördermittel können hier eine attraktive Alternative sein. Programme der Kfw Bankengruppe bieten zinsgünstige Darlehen und umfangreiche Haftungsfreistellungen. Regionale Bürgschaftsbanken können Gründern zudem mit Bürgschaften von bis zu 80 Prozent unter die Arme greifen. Denn Bund und Länder bieten kleinen und mittelständischen Unternehmen, Freiberuflern sowie Existenzgründern aller Wirtschaftszweige zinssubventionierte Darlehen, Zuschüsse, öffentliche Bürgschaften und Haftungsfreistellungen an, mit denen die Gründer Investitionen, allgemeinen Liquiditätsbedarf sowie spezielle Vorhaben - z.B. auch Franchiselizenzen oder das Marketing finanzieren können."

Vielen Dank für diese wertvollen Einblicke, Herr Neuschulten. Zum Abschluss: Welche Tipps haben Sie für Gründer, um die alles entscheidenden Bankgespräche erfolgreich zu führen? 

Stephan Neuschulten: "Gerne. Hier sind meine 10 Tipps für erfolgreiche Bankgespräche und somit auch erfolgreiche Finanzierungen:

1. Gute Vorbereitung: Bereiten Sie sich gründlich auf das Bankgespräch vor und halten Sie alle benötigten Unterlagen bereit. Informieren Sie sich im Vorfeld genau darüber, welche Dokumente die Bank (vorab) erhalten möchte.

2. Selbstsicheres Auftreten: Treten Sie selbstbewusst und freundlich auf, um die Bank von Ihrer Zuversicht zu überzeugen. Seien Sie allerdings keinesfalls überheblich.

3. Überzeugende Präsentation: Erklären Sie Ihre Geschäftsidee klar und überzeugend und zeigen Sie auf, wie Sie die Finanzierung bedienen können.

4. Realistische Ziele: Seien Sie realistisch in Ihren Erwartungen und präsentieren Sie erreichbare Umsatz- und Rentabilitätsprognosen. Binden Sie einen Finanzierungsberater in die Erstellung Ihrer Unterlagen mit ein, um dessen Expertise für sich zu nutzen.

5. Sicherheitspuffer einplanen: Berücksichtigen Sie einen Sicherheitspuffer von bis zu 10 Prozent für unvorhergesehene Ausgaben.

6. Betriebsmittel sicherstellen: Finanzieren Sie die Betriebsmittel für mindestens 9 bis 12 Monate, um die Liquidität Ihres Betriebes zu sichern.

7. Professioneller Businessplan: Erstellen Sie einen professionellen Businessplan inklusive Finanzplan, um die Bank von Ihrer Planung zu überzeugen.

8. Lösungsorientiertes Denken: Zeigen Sie, dass Sie auf mögliche Probleme vorbereitet sind und Lösungsansätze präsentieren können. Hier ist sorgfältige Vorbereitung und das Durchdenken verschiedener Szenarien Gold wert.

9. Interesse zeigen: Zeigen Sie Interesse an der Bank und stellen Sie Fragen zu deren Ausrichtung, Struktur, usw., um das Interesse des Bankberaters zu wecken.

10. Angemessene Kleidung: Kleiden Sie sich angemessen für das Bankgespräch und zeigen Sie damit Respekt für die Situation."

Herzlichen Dank für diese wertvollen Tipps und Einblicke. Sicherlich werden Sie mit dem Teilen Ihres Expertenwissens vielen Gründern bei ihren Finanzierungsfragen weiterhelfen.